Bausachverständiger Titelbild

Ein Bausachverständiger im Interview über seinen Beruf

Etwas mehr als 19 Millionen Wohngebäude gibt es hierzulande, die 96 Prozent des bundesweiten Gebäudebestandes ausmachen. All diese Häuser müssen natürlich irgendwann einmal gebaut werden und das ist trotz Fertighäusern und Co. immernoch ein mehrmonatiger Prozess bei dem viele Fehler unterlaufen können. Damit das nicht passiert und die Fehler behoben werden gibt es Bausachverständige. Was die genau machen, worauf sie achten und womit sie zutun haben erfahren wir im Interview mit einem Bausachverständigen aus erster Hand.

 

 

Wie sind Sie dazu gekommen, Bausachverständiger zu werden?

Ich war vor 25 Jahren Baurevisor. Die gutachterliche Tätigkeit hat mir sehr viel Spaß gemacht, so dass ich mich entschloss, öffentlich bestellter Bausachverständiger zu werden.


Wie wird man Bausachverständiger? Gibt es da eine Ausbildung oder ein Studium?

Bausachverständiger ist keine geschützte Berufsbezeichnung, insofern kann sich jeder „Bausachverständiger“ nennen. Bausachverständiger kann man allerdings nur dann sein, wenn man langjährige Erfahrung aus dem Baubereich vorweisen kann. In der Regel ist hierzu ein Studium des Bauingenieurwesens oder der Architektur erforderlich und anschließend mehrere Berufsjahre, möglichst in mehreren Tätigkeitsbereichen (siehe hierzu auch die Liste meiner Tätigkeiten als Bausachverständiger), wie zum Beispiel Erstellung von Ausschreibungen, Bauüberwachung und ähnliches.

Ergänzend sind Schulungen erforderlich, unter anderem zu den rechtlichen Hintergründen, zu Gutachtenerstellung, zu technischen Detailfragen.

Abschließend gibt es die Möglichkeit, sich bei verschiedenen Organisationen für spezielle Bereiche zertifizieren zu lassen (zum Beispiel „TÜV zertifiziert“) oder aber sich Verbänden anzuschließen (zum Beispiel BBauSV).

Die Krönung ist die öffentliche Bestellung, die in Bayern von den Industrie- und Handels-kammern durchgeführt wird. Um öffentlich bestellt zu werden, muss man unter anderem Gutachten vorlegen und sich Prüfungen unterziehen, die nur ca. 10 -20 % der Bewerber bestehen.

 

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Was genau macht ein Bausachverständiger?

Das Aufgabengebiet eines Bausachverständigen ist umfangreich; es gibt hierzu auch wieder Spezialisierungen. Betrachtet man die Gebiete der öffentlichen Bestellung, so wird bei Bausachverständigen unterschieden zwischen Sachverständigen

  • für Schäden an Gebäuden,
  • für Bauabrechnung und Baupreisbildung, sowie mit der weiteren Spezialisierung: Bauablaufstörungen
  • für Honorare,
  • für Immobilienbewertungen,
  • für die Bereiche der Haustechnik
  • für Brandschutz,….

Man kann sich als Handwerksmeister auch auf seinem Fachgebiet öffentlich bestellen lassen. Diese öffentlichen Bestellungen werden von den Handwerkskammern durchgeführt. So gibt es zum Beispiel Sachverständige für Parkettarbeiten oder für Estricharbeiten.

Ein Bausachverständiger ist zunächst Berater, wenn Probleme in der Bauabwicklung oder später bei dem fertig gestellten Objekt auftreten. Ab und an werden Bausachverständige auch bereits in der Planungsphase zugezogen. Neben der Beratungsleistung ist ein Bausachverständiger auch Mittler zwischen verschiedenen Interessen, so zum Beispiel zwischen einem Käufer und einem Bauträger, wo unterschiedliche Meinungen vorherrschen, wie ein Objekt am Ende aussehen soll. Der Bauträger schaut auf die Kosten und der Bauherr will das optische und technische Optimum haben.

Bausachverständige führen Beweissicherungen durch, das heißt sie stellen einen Sachstand fest, wie zum Beispiel Bautenstände oder Mängel. Beweissicherungen werden gefordert von Nachbarbebauungen, vor Beginn und nach Fertigstellung einer Baumaßnahme, um Veränderungen an der Nachbarbebauung aufgrund der Baumaßnahme feststellen zu können.

Ein weites Betätigungsfeld für Bausachverständige sind Abnahmen von Wohnungen, Häusern, Gebäudekomplexen oder aber nur von einzelnen Gewerken. Für Versicherungen sind Schadensbegutachtungen erforderlich.

Zu Schäden an Gebäuden werden Sachverständige gerufen um festzustellen, wer den den Schaden verursachenden Mangel zu vertreten hat und wie man den Mangel und Schaden beseitigen kann. Insbesondere öffentlich bestellte Sachverständige sind auch für die Gerichte tätig.

 

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Wann ist es empfehlenswert, einen Bausachverständigen hinzuzuholen?

Aufgrund des umfangreichen Tätigkeitsbereiches von Bausachverständigen sollten diese dann hinzugezogen werden, wenn man sich unsicher fühlt, man nicht die Sachkenntnis hat oder wenn besondere Themen anstehen, für die eine weitere Meinung oder Mehrwissen erforderlich ist. Aufgrund der Tätigkeit als Bausachverständiger hat man einen ganz anderen Überblick über verschiedenste Bauthemen als zum Beispiel nur ein Bauüberwacher oder nur ein Planer.

 

Wie muss man sich die Arbeit vorstellen? Schauen Sie da zum Beispiel auf der Baustelle zu, dass alles gut abläuft? Oder kommen Sie im Nachhinein, um die Arbeiten zu beurteilen?

Betrachtet man zum Beispiel die baubegleitende Qualitätsüberwachung, so ist man bereits während der Ausführung auf der Baustelle und schaut, dass das Gebäude möglichst mängelfrei und ohne versteckte Mängel erstellt wird. Dies kommt allen Parteien zugute, weil die Mängelbeseitigungskosten deutlich höher sind als eine Korrektur selbst bereits während der Ausführung. Eine Mangelbeseitigung im Nachhinein, in einem bezogenen Gebäude verursacht ein zig-faches an Kosten, von dem Vertrauens- und Ansehensverlust ganz zu schweigen. Man erspart sich eine Menge Ärger und Zeit. Baubegleitende Qualitätsüberwachung  ist eine vertrauensschaffende Maßnahme, weil man versucht, die kritischsten Punkte zu begutachten und aufkommende Probleme zu beseitigen.

Oft wird man aber im Nachhinein bestellt, zum Beispiel zur Abnahme von Häusern, Wohnungen oder Gebäudekomplexen, dann sieht man nur das fertige Gebäude und muss sich überlegen, ob irgendwelche Anzeichen für versteckte Mängel vorhanden sind. Im Nachhinein ist zum Beispiel zu beurteilen, ob eine abgelieferte Leistung den vertraglich geschuldeten Qualitätsstandard erfüllt. Wenn irgendwelche Mängel auftreten, zum Beispiel Feuchtigkeitsschäden, sollen durch den Bausachverständigen die Ursachen festgestellt werden.

Als Bausachverständiger steht man nicht „herum“, nur bei Bauteilöffnungen hat der Bausachverständige die verschiedenen Ebenen zu betrachten, und begutachtet die verschiedenen Öffnungsschritte. Ansonsten handelt es sich in der Regel immer um Momentaufnahmen, eine komplette Überwachung von Maßnahmen, indem man den Arbeitern laufend über die Schulter schaut, wäre zu kostspielig.

 

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Steht man dann oft als „Buhmann“ da, wenn man die Arbeiter kritisieren muss und den Kunden schlechte Nachrichten überbringen muss?

Man steht nicht oft als Buhmann da, es ist immer nur die Frage, wie man die Nachricht „rüberbringt“. Die meisten Beteiligten sind froh, wenn Lösungsvorschläge abgegeben werden, die fruchten, weil zum Beispiel die Mängelsuche sehr lange dauern kann, was alle Parteien nicht befriedigt.

Um nicht als Buhmann dazustehen, muss man oft auch erklären, wieso man die eine oder andere Sache so betrachtet, das heißt, es ist teilweise Überzeugungsarbeit erforderlich.

 

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Was wird beim Hausbau häufig falsch gemacht?

Die meisten Fehler entstehen, weil oft ungelernte Arbeiter auf dem Bau tätig sind, denen es teilweise nicht möglich ist, die umfangreichen Verarbeitungshinweise auf den Verpackungen zu lesen, geschweige denn diese dann entsprechend umzusetzen. Viele ausländische Arbeitnehmer arbeiten so, wie sie es gesehen haben ohne zu berücksichtigen, dass die mittlerweile eingesetzten Baustoffe immer komplexer werden und präzisere Arbeiten erfordern. Hinzu kommen dann die Einflüsse der Witterung, wie zum Beispiel Frosttemperaturen oder Niederschläge, die Einfluss haben auf die Bauqualität. Insofern sind häufige Fehler in der Gebäudeabdichtung zu sehen. Mängel findet man immer wieder im Schallschutz, dass zum Beispiel bei Doppelhäusern in der Fuge Mörtelbatzen liegen und in der luftdichten Ebene. Auch wird nicht berücksichtigt, dass das beim Bauen verarbeitete Wasser wieder entweichen muss, so dass oft Schimmelpilzbefall auftritt.

Bei der Haustechnik sind es oft Probleme mit nicht genügend dichten Verbindungen von Leitungen, die dann zu Wasserschäden führen können. Nicht selten stellen sich die Undichtigkeiten erst kurz vor dem Einzug ein.


Welche Tipps können Sie jemandem geben, der vorhat, ein Haus zu bauen?

Ich kann jedem nur empfehlen, von Anfang an baubegleitend, bereits in der Planungsphase, beiehungsweise bereits vor Vertragsunterzeichnung einen Bausachverständigen hinzuzuziehen. Aufgrund der Erfahrung des Bausachverständigen

  • werden Vertragsstreitigkeiten vermieden,
  • wird die Planung optimiert
  • werden Bau- und Planungsmängel deutlich reduziert.

 

Was macht Ihnen Spaß an Ihrem Job?

Das Besondere an diesem Job ist die Vielseitigkeit, man ist viel mit Leuten zusammen, mit verschiedenen Ausbildungsniveaus, und man sieht immer etwas entstehen, woran man beteiligt war. Ich freue mich, wenn ich jemanden helfen oder wenn ich einen Streit schlichten konnte.

 

 

Bilder: Titelbild: Clker; Dachbau: Christoph Konitzer  / pixelio.de; Baustelle: H.D.Volz  / pixelio.de; Planung: I-vista  / pixelio.de; Hammer: Klaus Bindernowski  / pixelio.de

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