Jedes Jahr werden hierzulande Möbel im Wert von rund 16 Millionen Euro produziert, rund 35% davon werden exportiert, der Rest bleibt im Lande. Das ist eine ganze Menge Inneneinrichtung, schließlich kaufen die meisten Leute ihre Möbel auch und bauen sie nicht selber. Dabei ist genau das eigentlich eine interessante Sache, allerdings weiß nicht jeder wie das genau geht. Abhilfe kann da mein heutiger Interviewpartner Andreas schaffen. Andreas ist Designer und verrät uns auf seinem Blog sowie heute im Interview wie man sowohl Bauvorhaben am Haus selbst als auch Möbel eigenhändig in Angriff nehmen kann.
Woher hast du all dein Wissen über Haus- und Möbelbau?
Ich habe schon von klein auf ein großes Interesse an technischen Sachen und Handwerk. Ich bastelte und baute immer fleißig und habe dazu auch noch eine große kreative Ader (Ich kann auch richtig zeichnen, malen und sogar bildhauern, was im Grunde auch Handwerk ist). Mein Vater – Schlosser, CNC-Dreher und Hobby-Farmer – hatte mir in Sachen Metall und Kleinnbauerei (landwirtschaftlich) einiges beigebracht, was mich nach einigen Schulen, zahlreichen Praktikas und Jobs in den verschiedesten Bereichen und schließlich mit meinem Studium auf meinen heutigen Wissens- und Könnensstand bringt; und mit jedem neuen Projekt lerne ich wieder neues dazu.
Meinen Bachelor hatte ich in Innenarchitektur gemacht. Innenarchitektur ist nicht nur schöne Sachen designen oder hier und da mal ein Bildchen machen und Räume hübsch gestalten; nein, es ist ähnlich wie Architektur, Pläne zeichnen, sich auch im Bauwesen auskennen und noch einiges mehr. Ich glaube, die beste Beschreibung lieferte ein Professor mit: ” Innenarchitektur ist der Spagat zwischen Architektur und Produktdesign.”
Denkst du dass mit der richtigen Anleitung jeder diese Baumaßnahmen durchführen kann?
Unter richtiger Anleitung würde ich verstehen, dass jemand vom Fach die ganzen Maßnahmen überwacht und leitet, was man beim Bauen dann wohl unter “Eigenleistung” verbuchen kann. Aber das hat irgendwo seine Grenzen, wenn es um größere, statisch wichtige Bauteile geht. Ansonsten kann man sich auch schnell eine Todesfalle bauen, wenn – im schlimmsten Fall – einem wirklich die Decke auf den Kopf fällt. Es gibt nicht umsonst diese vielen Bauauflagen und Verordungen und nur wenige Leute, die solche Vorhaben planen und genehmigen dürfen/können.
Eine schwere Frage. Ich will niemandem ausreden, dass er/sie etwas nicht kann oder nicht machen sollte. Man sollte aber die Grenzen seines eigenen Könnens kennen und beachten.
“Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Bauordnung und fragen Sie Ihren Architekten oder Statiker.”
Welche Projekte sind generell schwieriger und welche einfacher?
Von meinem Standpunkt aus würde ich sagen, dass eine gute Treppe zu den etwas schwierigeren Projekten zählt, da die Planung eine nervige Puzzelei sein kann und zum Schluss nicht nur die vielen Einzelteile zusammen passen müssen, sondern auch die ganze Konstruktion mit einer relativ geringen Toleranz zwischen die Stockwerke passen muss. Aber ich puzzle auch gerne und mag daher Treppen.
Man kann wohl auch ganz plump sagen, je kleiner und unbeweglicher die Möbel sind (zum Beispiel ein Gewürzeregal), desto einfacher kann man sie machen*, da die Verbindungen weniger aushalten müssen und deswegen auch einfacher gestaltet sind.
Die Teile für ein kleines Gewürzregal würde ich jetzt zum Beispiel nur stumpf zusammenleimen und vielleicht noch ein paar kleine Nägelchen hinein machen. Ein Stuhl hingegen muss schon wieder ganz andere Lasten tragen und wird dabei ständig bewegt, weswegen die Einzelteile etwas komplizierter mit Steckverbindungen und Schrauben miteinander verbunden sind.
(*Man kann schließlich auch kleine Sachen kompliziert bauen.)
Wie viel zeitlichen Aufwand sollte man einplanen wenn man zum Beispiel ein Bett bauen will?
Falls sich die Frage auf mein Ebook “In 7 Schritten zum eigenen Bett” bezieht: Für dieses Bett kann man wohl einen halben bis einen Tag (Tag=8 bis 10h) veranschlagen. Wenn alles passt, hat man das Ding auch schon in 2 Stunden zusammen gebaut; muss aber dennoch warten bis der Leim trocken ist.
Ein geübter Schreiner baut sich seine Möbel schneller zusammen, wie manche Leute im Laden zum Kaufen brauchen (exklusive Anfahrt).
Ist Selberbauen günstiger als im Laden kaufen?
Hier muss ich ganz ehrlich sagen: In der Regel nicht. Die Möbelfirmen und -hersteller sind darauf getrimmt ihre Waren so günstig wie möglich an den Mann zu bringen.
Ausnahmen gibt es auch, aber meistens entsprechen die Materialkosten, die man hat, in etwa dem Preis des günstigsten Möbel im Laden. Dann muss man auch noch seine eigene Arbeitszeit dazu rechnen. Wer also Selberbauen rein ökonomisch betrachtet, muss entweder mit den Sachen von der Stange leben oder sollte sich die Sachen machen lassen.
Natürlich gibt es hier auch wieder eine Kehrseite. Das günstigste Möbel ist meistens auch nicht das Beste. Mit ein wenig Fachkenntnis kann man sich aus wenig und billigem oder sogar kostenlosem Material auch unglaublich hochwertige Sachen machen. Kostenloses Material wäre zum Beispiel ein alter kaputter Schrank, aus dessen Brettern man sich wieder etwas neues baut oder alte Paletten upcyceln.
Ich habe mir mittlerweile ein kleines Holzlager aus alten Möbel- und Fensterteilen, eigentlichem Feuerholz (Buche und Eiche) und anderem angelegt. In den 70igern wurden Holzfenster auch gerne mal aus Tropenhölzern gemacht (Böse Zeit mit Wälder abholzen und so). Aber warum das gute Mahagoni vom alten Fenster entsorgen, wenn man sich daraus auch noch was machen kann.
Wenn man Hölzer wie Buche, Eiche und Mahagoni, was in meinem Beispiel eigentlich nur kostenloser “Abfall” und günstiges Feuerholz ist, verwendet und dieses richtig verarbeitet, kommt man schon wieder in eine ganz andere Preisklasse. Hochwertige Vollholzmöbel aus Hartholz oder sogar Tropenholz kosten natürlich richtig.
Etwas absurd kann es auch werden. Da die Hersteller meistens über Masse und Preis gehen, kann es auch günstiger sein, sich ein eigentlich schon fertiges Möbel zu kaufen und aus dessen Einzelteilen sich sein Möbel zu bauen. Das hatte ich auch schon bei einer Lampe. Die Lampe aus dem Laden kostete 10€ und hatte schon alle Teile, die ich brauchte. Die Teile einzeln zu kaufen hätte mich gute 50€ gekostet.
Schaust du anders auf Möbel im Möbelhaus wenn du weißt wie sie gebaut werden?
Das würde ich als Berufskrankheit bezeichnen. In jedem Möbelhaus, in jeder Bar, beim Arzt oder bei sonstigen Besuchen begutachtet man direkt oder manchmal auch unbemerkt die Möbel und auch Einbauten.
Welche Mängel sind bei fertig zu kaufenden Möbeln häufig?
Ich war schon seit sehr sehr langer Zeit nicht mehr im Möbelhaus, aber kenne natürlich die üblichen Konstruktionen. Ich möchte hier auch nichts schlecht reden; man bekommt schließlich das, für was man bezahlt. Aber es gibt schon einige Sachen, die mir einen Schauder über den Rücken laufen lassen.
99% der Möbel bestehen im Grunde aus Spanplatten, die mit einer Folie überzogen sind um wiederum Holz zu imitieren.
Oft sind die Verbindungen bei zum Beispiel Schränken gerade so ausreichend um alles zusammen zu halten. Wenn man dann beim Zusammenbauen den Rahmen leicht bewegt, hört mans schon knacksen und brechen.
An Schubladen wird auch gerne gespart. Ordentliche Schienen können ein kleines Vermögen kosten, weswegen oft diese zweiteiligen Auszüge verbaut werden, bei denen man die Schublade herausnehmen kann.
Mir passiert es auch immer wieder, dass nach dem 100sten Mal Öffnen die Front der Schubladen abgeht und man diese dann in der Hand hat. Dann kann man das Ganze auch nicht richtig verleimen, da die Platten mit einer Kunststofffolie überzogen sind, auf der der Holzleim nicht hält….
Wäre es möglich ein komplettes Haus mit Einrichtung selber zu bauen?
Das ist es und es gibt neben mir selber noch einige andere Beispiele. Michael Reynolds ist eines meiner Lieblingsbeispiele. Er ist ein Architekt, der aus Abfall sogenannte Earth-Ships baut; vollkommen autonome Häuser inklusive Technik und Einrichtung aus Sachen, die andere Leute wegwerfen.
Auf meinem Blog eigenkonstrukt.de ging es bisher zum Großteil nur um Rohbaumaßnahmen; jetzt werden die Arbeiten immer feiner. Meine selbstgebaute Küche steht schon seit einiger Zeit, jedoch habe ich da im Eifer des Gefechts die Dokumentation ein wenig vernachlässigt. Aber keine Sorge; im und auch ums Haus gibt es so unglaublich viele Möbel, Einrichtungsgegenstände und Sachen zu bauen, ich würde im Leben nicht fertig werden über jeden einen Blog-Beitrag zu schreiben. Daher werde ich beziehungsweise bin ich schon dabei, anhand von aktuellen Möbeln und Projekten grundlegende Techniken zu zeigen. Heute habe ich zum Beispiel ein kleines Gartentor fertig gestellt und werde hoffentlich bald die Bilder und das Video dazu auf meiner Seite präsentieren können. (Darf ich hier noch einbringen, dass ein Youtube-Kanal gerade im Bau ist? )
Was macht dir Spaß am Haus- und Möbelbau?
Die Problemstellung und dazu eine Lösung zu finden und letzten Endes auch umzusetzen.
Mir macht es einfach Spaß etwas mit meinen Händen zu machen; zu sehen, wie aus nichts, ein bisschen Holz, Beton oder anderen Materialien etwas entsteht.
Auf eigenkonstrukt.de werde ich auch in Zukunft meine Projekte zeigen und so gut wie ich kann erklären. Nebenbei stelle ich auch andere interessante Sachen und Ideen vor. Dazu kommt dann auch noch neben den Auftritten in den meisten Socialmedia auch hoffentlich bald mein Youtube Kanal. Das Intro dazu ist schon mehr oder weniger fertig. Bei einigen Vorhaben ist es fast unmöglich es richtig in Worten zu erklären. Da ist ein Video, in dem man es einfach zeigen kann, um vieles besser. Ich muss auch noch sagen, dass man aus Beton und/oder einfach nur Stein auch Möbel bauen kann; ich habe auch schon lange nichts mehr aus Metall gemacht… Man kann sich also auf spannende neue Projekte freuen.
Wer meine Dienste -2D und 3D Cad-Zeichnung, Entwürfe oder sogar Animationen- in Anspruch nehmen möchte, kann das über cad-service.org tun. Hier findet man auch weitere Beispiele, was ich so kann und mache und was ich genau anbiete.
Bilder: Titelbild: Clker; Bilder im Artikel: Andreas/eigenkonstrukt.de