Knapp 82 Millionen Menschen gibt es in Deutschland und die brauchen alle mindestens einen, manchmal auch mehrere, Namen. Namen sind dabei wie so viele Dinge im Leben Geschmackssache und bis auf einige wenige Regelungen der zuständigen Ämter gibt es dort auch keine Vorschriften. Viele neumodische und besonders komplizierte Namen sind ein oft bewitzeltes Thema, mit dem sich im Internet natürlich viel beschäftigt wird. Im heutigen Interview habe ich dem Moderator hinter dem Tumblr-Blog chantalismus, der aus seinen Einsendungen die kuriosesten Namen online stellt, ein paar Fragen gestellt.
Wie bist du auf die Idee für den Blog gekommen?
Das Projekt entstand quasi aus einer Laune heraus und hat nicht wirklich einen ernsten Hintergrund. Ein Bekannter hat ab und an immer mal außergewöhnliche Geburtsanzeigen der örtlichen Presse bei einem einschlägigen Sozialen Netzwerk gepostet. Ich war der Meinung, die gesammelten Werke sollte man mal irgendwo vereinen. Wir beratschlagten über den Namen und mit wenigen Klicks war der tumblr geboren…
Was ist dein persönlicher Favorit unter allen deinen Einsendungen?
Auch wenn es sich dabei gar nicht um eine Chantal handelt, ist es ganz klar: Horst-Kevin! Diese Symbiose finde ich griffig, geht gut über die Lippen und bislang absolut einzigartig. Ansonsten mag ich insbesondere Bindestrich-Kombinationen mit möglichst vielen, gerne auch falsch gesetzten Akzenten.
Wie sehen die Reaktionen der Leute auf dein Projekt aus? Gibt es da viel Gegenwind?
Dass die Seite so erfolgreich wurde, haben wir offenbar der Ernennung zum “tumblr des Tages” zu verdanken – einer nicht rechtskräftigen Wahl irgendeiner Internetberühmtheit. Zwei Tage nach Entstehung machte es auf Twitter die Runde und es war, als hätten wir in ein Wespennest gestochen und der Menschheit eine Plattform für das gegeben, worüber man allerorts und tagtäglich schmunzelt. Diese durchaus sehr große Zielgruppe gilt es natürlich zu befriedigen. Allerlei Medien greifen das Thema auch gerne auf, Menschen überfluten uns nach wie vor mit Einsendungen oder beschimpfen uns, weil sie die Namen ihrer Sprößlinge schön finden….
Wo viel Anklang ist, gibt es natürlich auch negative Resonanz, aber sie hält sich in Grenzen. Eltern die mit Klagen drohen und verlangen, dass man den Namen ihres Kindes von der Seite nimmt, obwohl sie selbst der Veröffentlichung auf der Babygalerie des Krankenhauses zugestimmt haben, ihn für die breite Öffentlichkeit lesbar durch die Gegend chauffieren oder gar eine stolze Geburtsanzeige in Auftrag gegeben haben, kann ich nicht ganz ernst nehmen. Auf konkrete Anfrage nehme ich auch schonmal Beiträge raus. Dafür reicht eine Bitte und es bedarf keiner Androhung rechtlicher Schritte.
Natürlich kommt es auch oft vor, dass manche Namen in unseren Ohren komisch klingen, in anderen kulturellen Kreisen jedoch völlig normal sind und es ist oftmals ein schmaler Grat zwischen dem, was wirklich “chantalistisch” ist und dem, was einfach seinen Ursprung in anderen Kulturen findet. Das ist eigentlich das häufigste Veto. Zugegeben: wir haben aufgehört jeden einzelnen Namensursprung zu recherchieren und entscheiden aus dem Bauch und auf den ersten Blick. Chantalismus lässt sich nunmal nicht definieren.
Was glaubst du ist der Grund dafür, dass es immer exotischere Namen gibt?
Der Wille, seinem Kind den Stempel des Besonderen zu verpassen ist bei werdenden Eltern immens! Nicht zuletzt spielen die Hormone und die oftmals fehlende Weitsicht dabei eine große Rolle. Stars und Sternchen bekannt aus Film, Funk und TV haben natürlich auch eine große Vorbild-Funktion. Es ist verständlich, dass Eltern nicht wollen, dass ihr Sproß in Kindergarten, Schule und Co durch klassische Namensgebung nur einer von vielen ist, aber manche Menschen sind einfach so kreativ, dass man sich fragt, aus welchen Gehirnwindungen sie die Ergüsse ihrer Kreativität gekramt haben. Nicht zuletzt tragen natürlich die Standesämter Schuld, die selbst die irresten Dinge durchgehen lassen.
Was wären deiner Meinung nach bessere Alternativen zu Chantal, Jermaine und Co.?
Bei der Namenswahl sollte in jedem Fall bedacht werden, dass das Kind bestenfalls auch mal erwachsen sein wird und möglicherweise erfolgreich sein möchte (Prof. Dr. Danice-Joy Popolowski?), dass das Kind seinen Namen relativ früh aussprechen können sollte (bekannte Beispiele die kursieren sind der Üffes und der Pirschelbär) und dass der Mensch seinen Namen wohl den Rest seines Lebens tragen wird und nicht selten irgendwo VOLL unterzeichnen muss (Frédèric-Jéromè-Rénè Rosenbaum-Hartmann).
Es ist schwer, seinem Kind den “richtigen” Namen zu geben, aber in jedem Fall sollte er dem Wohl des Kindes dienen und nicht den möglicherweise egozentrisch überdrehten Eltern.
Was kann man alles in deinem Buch finden?
Das Buch enthält einen Auszug aus den besten Einsendungen – jedoch gespickt und verfeinert mit passenden Untertiteln. Außerdem gibt es eine überarbeitete Version des gemeinschaftlich auf Facebook entstandenen “Märchen von Chantal”. Eine kleine Vorstellung des Projektes und ne Danksagung gibts auch. Das perfekte Geschenk für werdende Eltern, solche die es werden wollen und diejenigen die bei der Namensgebung daneben gegriffen haben! Die ISBN-Nummer lautet 3847905481
Ist noch mehr für die Zukunft geplant?
Um ehrlich zu sein: Nein. Nach zwei Jahren chantalismus.tumblr. com und weit über tausend Einsendungen gibt es kaum noch was, was man noch nicht gesehen hat. Außerdem bekommt man davon keinen Kühlschrank voll und es macht nicht nur Spaß sondern auch Arbeit. Dafür dass es “nur zum Spaß” ins Leben gerufen wurde, hat der Chantalismus es schon ganz schön weit gebracht. “Wir” sind übrigens alle, die den Blog verfolgen, Einsendungen machen und ihn so am Leben halten. “Ich” moderiere nur.
Bilder: Titelbild: clker;