Heute habe ich Holger Schossig ein paar Fragen gestellt. Holger hat bereits als Redakteur im Fernsehen, als Radiomoderator sowie als Fernsehmoderator gearbeitet. Damit hat er sehr viele Erfahrungen hinter den Kulissen der modernen Medien gemacht. Seit 2008 ist er Online-Redakteur und Texter. Ein Texter fertigt Online-Artikel an und wird dann dafür bezahlt. Man könnte diesen Beruf mit einem Zeitungsredakteur vergleichen, der sich von jeder Zeitung für einen oder mehrere Artikel buchen lässt.
Holger hat sich außerdem einige Webseiten aufgebaut, zum Beispiel die Blogger-Lounge über die Ich Ihn auch kennen gelernt habe. Weitere seiner Seiten sind fortsetzung-folgt.net, 365-Tage-Urlaub oder Puukko. Außerdem arbeitet er momentan an einem Buch, das von seiner ehemaligen Tätigkeit als Paketbote handelt. Aber eins nach dem anderen …
Wie unterscheidet Sich der Beruf eines Redakteurs beim Fernsehen zwischen dem eines normalen Journalisten, der für eine Zeitung arbeitet?
Prinzipiell erst einmal gar nicht. Ein TV-Redakteur hat genau dieselbe Aufgabe, wie ein Zeitungs- oder Radioredakteur. Nämlich aus einer Meldung eine interessante Story zu machen. Je nach der Größe der Redaktion sind die einzelnen Bereiche in Ressorts aufgeteilt, das heißt, dass man in größeren Redaktionen normalerweise für ein oder zwei Bereiche zuständig ist, in kleineren alles machen muss. Von aktuellen News über Sport und Politik bis hin zu bunten Themen. Während der Zeitungsredakteur meist alleine unterwegs ist, ist das beim Fernsehredakteur nicht möglich. Er braucht bewegte Bilder, um seine Geschichte erzählen zu können. Deswegen ist ein Kamerateam immer an seiner Seite. Wobei mittlerweile immer mehr die Unsitte um sich greift, sogenannte Videoreporter einzusetzen. Das sind Redakteure, die mit der Kamera selbst drehen. Diese Einsparung halte ich für äußerst verwerflich, denn schließlich ist ein Redakteur kein Kameramann oder Tonassistent. Durch diese Aufgaben leidet die Qualität in jedem Bereich und man kann sich nicht mehr auf seine eigentliche Arbeit konzentrieren.
Welche Voraussetzungen muss man mitbringen, um als Redakteur anfangen zu können? Braucht man eine bestimmte Ausbildung oder ein bestimmtes Studium?
Hier gehen die Meinungen auseinander. Der “normale” Weg eines Redakteurs ist es, nach dem Abitur ein journalistisches Studium zu absolvieren. Danach gehen viele noch an Journalistenschulen und versuchen dann, in eine Redaktion zu gelangen, wo sich ein zweijähriges Volontariat anschließt. Es geht aber auch anders, wie man bei mir sehen kann, wobei ich auch immer wieder betonen muss, dass Anfang der 1990er Jahre andere Zeiten herrschten. So einfach, wie es damals war, beim TV unterzukommen, ist es heute wohl nur noch in Ausnahmefällen. Ich habe weder Abitur, noch habe ich eine Journalistenschule besucht. Ich bin damals über ein zweimonatiges Praktikum bei SAT.1 direkt als Volontär übernommen worden und hatte danach also meine Redakteursausbildung. Quereinsteiger gibt es, aber leider nicht allzu oft.
Hat man als Fernsehredakteur eine Aufstiegschance als Moderator einer Sendung im Fernsehen?
Moderator und Redakteur sind normalerweise zwei unterschiedliche Bereiche. Sicherlich kann man als Redakteur auch zum Moderator aufsteigen, in der Regel bewirbt man sich aber direkt als Moderator und konzentriert sich dann alleine auf diese Arbeit. Ein Moderator einer Sendung wird in der Regel nicht rausfahren, um Berichte zu machen. Aber auch hier kommt es auf die Größe des Senders bzw. der Redaktion an. Bei kleineren Lokalsendern ist das durchaus noch der Fall.
Inwiefern unterschied sich Ihre Aufgabe beim Radio von der im Fernsehen?
Das waren in meinem Fall zwei ganz unterschiedliche Aufgaben. Beim Fernsehen war ich Redakteur und fest angestellt, also ein Fulltimejob. Beim Radio war ich freier Mitarbeiter und habe eigene Sendungen moderiert. Meist an den Wochenenden oder unter der Woche am Abend. Hier hatte ich redaktionell wenig zu tun, sondern habe lediglich meine Sendungen vorbereitet. Allerdings hatte ich drei Jahre lang eine eigene Musical-Radiosendung, für die ich auch redaktionell tätig war.
Spricht man als Radiomoderator immer live, oder gibt es da immer einen kleinen Vorlauf, sodass man sich nicht live verplappert oder anfängt zu husten?
Das kommt auf den Sender an. In der Regel ist es schon so, dass alles live gesprochen wird. Manchmal – vor allem bei Gewinnspielen oder direktem Kontakt mit Hörern am Telefon – werden solche Moderationen auch mal während ein Lied läuft vorproduziert. Das ist dann aber nur zur Sicherheit, dass kein Hörer irgendwas über den Sender bringt, was da nicht hingehört. Aber man kann davon ausgehen, dass sonst alles live ist. Man verplappert sich schon mal oder kriegt einen Lachkrampf, aber das muss man dann eben gut überspielen. Ist ja nicht wie bei den Tagesthemen
Hat eine Radiostation wirklich so gut wie alle Songs auf Abruf bereit, oder beschränkt sich das immer?
Es gibt kaum eine Radiostation, die alles sendet. Normalerweise hat man ein Tagesprogramm, das sich an die gewünschte Zielgruppe wendet. Das kann ein Hitradio sein, ein Oldiesender oder auch einer, der überwiegend 80er-Jahre-Hits spielt. Meist findet man aber Hitradios. Manche Sender haben dann noch spezielle Sendungen im Programm, die einzelne Sparten bedienen. Sei es Jazz oder – wie oben schon erwähnt – Musical… In den jeweils zu bedienenden Bereichen sollte ein Sender ein umfassendes Archiv haben. Dass aber auch wirklich alle Songs vorhanden sind, ist dann doch eher unwahrscheinlich.
Darf eine Radiostation alle Lieder senden, die sie möchte, oder muss sie da Gebühren bezahlen?
Eine Radiostation darf alle Lieder senden, die sie möchte. Dafür fallen allerdings Gebühren an, die an die Gema gezahlt werden müssen. Wie hier die Tarife sind, kann ich nicht sagen. Allerdings weiß ich noch von meiner Anfangszeit beim Radio, dass wir alle gesendeten Lieder in einer Liste für die Gema notieren mussten. Das heißt, dass dies damals pro Lied abgerechnet wurde. Mittlerweile zahlen die Sender vermutlich Pauschalen.
Sie sind nun Texter und betreiben mehrere Webseiten. Wie viele Artikel schreiben Sie da insgesamt an einem Tag?
Ui, das ist schwer zu sagen. Das können mal zehn sein, aber auch nur einer. Es kommt immer auf die Textart und die Länge an. Es ist auch nicht pauschal zu sagen, wie lang man für einen Text von beispielsweise 300 Wörtern braucht. Je nach Thema kann man einen Text in einer halben Stunde schreiben, aber auch mal zwei Stunden brauchen. Auch darf man nicht vergessen, dass man ja nicht nur einen Text schreibt, man muss im Vorfeld so einiges recherchieren. Das nimmt manchmal mehr Zeit in Anspruch, als das Schreiben selbst. Zudem muss man beachten, dass Text nicht gleich Text ist. Eine Pressemitteilung wird ganz anders geschrieben, als ein Websitetext, ein Newsletter oder ein Firmenportrait.
Haben Sie schon vor Ihrer Arbeit als Texter Webseiten betrieben?
Ja. Meine erste Website habe ich 1998 ins Internet gestellt. Das war aber eine rein private, die ich mit Hilfe von Frontpage erstellt habe. Das waren meine ersten Gehversuche im Netz. Als ich dann 2008 als Texter begann, musste natürlich eine eigene Website her, denn ohne geht es nicht. Die hat sich im Laufe der Zeit natürlich auch entwickelt und wurde weiter ausgebaut. Für die URL habe ich bewusst meinen Namen gewählt – www.holger-schossig.de – denn so weiß der Kunde gleich, mit wem er es zu tun hat. Fantasienamen, die “Texter” oder “Wort” enthalten, kamen für mich nie in Frage, weil mir hier die Verwechslungsgefahr mit anderen Anbietern zu groß war.
Sie sind nun praktisch selbstständig im Internet. Hat es lange gedauert, bis Sie davon leben konnten, oder sind Texter so gefragt, dass Sie da gleich und direkt einsteigen konnten?
Ich hatte ca. ein halbes Jahr Vorlauf und habe die Texterei so langsam aufbauen können. Das wichtigste ist, dass man sich einen Kundenstamm aufbaut. Das geht am Anfang meist nicht einfach so, sondern man muss hier in Textbörsen usw. nach Aufträgen suchen. Diese sind in der Regel nicht gut bezahlt, müssen für den Anfang aber reichen. Hat man dann mal erste Referenzen gesammelt und kann auch entsprechende Qualität vorweisen, dann kommen mit der Zeit auch Kunden auf einen zu. Entweder über die eigene Website, die dann entsprechend gut positioniert sein sollte, aber auch über Empfehlungen oder über Werbung, die man für sich macht. Ich konnte in meinem ersten Jahr schon recht gut davon leben, musste aber auch acht, neun oder noch mehr Stunden am Tag arbeiten. Das ändert sich mit der Zeit auch, weil durch die eigene Qualität auch die Preise angepasst werden.
Würde es Sie reizen, in einer normalen Zeitung zu arbeiten?
Ganz klar: Nein! Das wollte ich noch nie. Erstens bin ich schon zu lange aus dem aktuellen Redaktionsgeschäft draußen und zweitens gefällt mir die Entwicklung des Journalismus nicht. Es wird in vielen Bereichen nur noch Wert auf Schicksale, auf Tränen und auf Skandale gelegt. Das ist nicht meins, das will ich nicht machen. Was ich aber gerne mal wieder machen würde, wäre eine Moderation im Radio. Die geht mir manchmal schon ab.
Im Sommer wird Ihr erstes Buch mit dem Namen “Sie kommen heute aber spät” erscheinen, in dem es um Ihre Erlebnisse als Paketbote geht. Können Sie uns einen kleinen Einblick geben?
Na klar. Ich habe aus der Not heraus über drei Jahre einen ganz anderen Job gemacht – bevor das mit der Texterei begann. Wenn Geld in die Kasse muss, dann ist der Job erst mal nebensächlich. So bin ich beim Paketdienst gelandet. Ein Job, der einem viel abverlangt, denn man muss nicht nur körperlich viel leisten, sondern hat auch einen verdammt langen Arbeitstag. Früh um 5.30 Uhr geht´s los, abends um 18 Uhr war man manchmal noch immer nicht fertig. Doch diese Zeit hatte auch ihr Gutes, ist daraus doch mein Buch entstanden. Denn viele wissen gar nicht, mit was ein Paketzusteller täglich zu kämpfen hat. Nicht nur mit Zeitdruck sondern mit vielen kleinen und größeren Dingen, die zum einen lustig sind, zum anderen einen aber auch gerne mal an den Rand des Wahnsinns bringen. Ich möchte in meinem Tagebuch einen Einblick in den Job als Paketzusteller geben und zeigen, mit was man täglich so zu kämpfen hat.
Was raten Sie jemanden, der einmal journalistisch tätig sein will, egal ob als Redakteur, im Radio oder als Texter?
Einfach machen! Ja, das sagt man so leicht, aber ich habe es genau so geschafft. Wer es wirklich will, der wird es auch hinbekommen. Es ist ein steiniger Weg, aber man kann es schaffen. Als Texter noch einfacher, als als Redakteur, denn bei letzerem hängt immer eine Redaktion dran. Hier muss man sich also auf Dritte verlassen, die einen einstellen und bei denen man gewisse Voraussetzungen (Abitur, Studium, Volontariat) erfüllen muss. Als Texter ist man sein eigener Herr und kann entsprechend selbst für sich arbeiten. Es fliegt einem aber nichts einfach so zu, man muss schon was dafür tun. Ich würde meine Selbstständigkeit nie mehr gegen eine Festanstellung in einer Redaktion eintauschen wollen.
Bilder im Artikel: Fernseher: Karl-Heinz Laube / pixelio.de; Helmut Dechert / pixelio.de