Etwa 2,6 Millionen LKW gibt es in Deutschland, die täglich die Autos zum Händler, die Bratwurst zum Aldi und das Bier in den Getränkemarkt transportieren. Auch wenn sie groß und sperrig sind und hin und wieder auch einmal unter einer Brücke stecken bleiben, zählen sie zu den wichtigsten Transportmitteln ohne die in den meisten Lebensbereichen nichts mehr gehen würde. Mein heutiger Interviewpartner Maik ist LKW-Fahrer und schreibt auf seinem Blog über seine Erlebnisse unterwegs. Im Interview erfahren wir mehr über das Truckerleben.
Wie bist du zum Beruf als Truckfahrer gekommen?
Während andere Jungen Kosmonaut, Pilot oder Lokomotivführer werden wollten, gab es für mich nur einen Wunsch: Lkw fahren. Ich setzte mich als Zehnjähriger an das Steuer des väterlichen Trabants und stellte mir vor, mit einem Vierzigtonner über endlose Autobahnen zu fahren. Meine Eltern respektierten das und halfen mir einige Jahre später, eine Lehrstelle als Berufskraftfahrer zu finden – was in der DDR nicht so einfach war. Eine Lehrstelle gab es zwar für jeden, nur eben oftmals nicht die gewünschte.
Dass diese Träume mit der Wirklichkeit nicht mithalten konnten, ist aber eigentlich normal. Mein heutiger Arbeitsalltag wird nicht nur von Stress, Hektik und Termindruck bestimmt, sondern auch von Lagerkappos, drängelnden Pkw-Fahrern, unbarmherzigen Kontrollorganen und einer Bevölkerung, die zum Teil Lkw-feindlich eingestimmt ist.
Dass ohne uns Lkw-Fahrer in dieser Gesellschaft aber nichts läuft, wollen viele nicht verstehen. Schließlich karren wir die Sachen die jeder braucht nicht zum Spaß durchs Land.
Der Slogan “Güter auf die Bahn” klingt toll. Sogar so toll, dass ich regelmäßig mit der RoLa, also per Zug, durch Österreich oder der Schweiz fahre. Für mich als Fahrer ist das aber teilweise unwürdig, besonders durch die Schweiz. Die Waggons sind schmutzig, ich muß auf Liegen schlafen, auf denen noch Essensreste der Vorgänger liegen. Dazu funktionieren die Temperaturregler nicht, besonders im Winter ist es teilweise “schweinekalt” in den Abteilen.
Auch sonst ist die Bahn nicht annähernd in der Lage, einen Großteil der Güter von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Ganz einfach, weil sie zu unflexibel ist. Aber das weiter auszuführen, würde hier zu weit führen.
Wohin gehen die meisten deiner Fahrten?
Seit fast zehn Jahren fahre ich hauptsächlich nach Italien. Da kenne ich mich mittlerweile fast besser aus als in Deutschland.
Hast du feste Arbeitszeiten oder variiert das sehr viel?
In diesem Beruf gibt es keine festen Arbeitszeiten. Man fährt ja nicht nur. Es kommen Be- und Entladetätigkeiten hinzu, selbst die Wartezeiten in Firmen gelten als Bereitschaftszeit. So komme ich regelmäßig auf eine Arbeitszeit von zehn, zwölf Stunden täglich.
Welchen Anteil deiner Woche bist du unterwegs und wie viel zuhause?
In der Regel fahre ich Montagfrüh los. Das kann um drei sein, aber auch um acht. Kommt halt immer drauf an, wo ich hinfahren muß. Da bin ich wieder bei den festen Arbeitszeiten . Die Woche über bin ich unterwegs. Meist komme ich Freitagnacht oder Samstagvormittag wieder nach Hause. Geht es Richtung Süditalien kann es auch passieren, dass ich ein Wochenende auf einem Rasthof verbringen darf.
Übernachtest du im LKW oder in Hotels?
Natürlich im Lkw. Ein Hotel kommt nicht in Frage.
Fährst du mehr Autobahn oder Landstraße?
Ganz klar Autobahn. Ich fahre im Fernverkehr, da geht es gar nicht anders. Alleine schon der Zeit wegen. Auf Landstraßen würde ich nie beim Kunden ankommen. Zeit ist schließlich Geld.
Natürlich befinden sich Be- oder Entladestellen in der Regel nicht direkt an einer Autobahn. Bundesstraßen zu befahren, bleibt somit nicht aus. Nur sollte man bedenken: LKW fahren nicht zum Spaß durch die Gegend und schon gar nicht durch Ortschaften. Oftmaliges Bremsen und Beschleunigen kostet nicht nur Sprit, sondern erhöht auch den Verschleiß eines Lkw.
Verglichen mit anderen Ländern, wie schlimm ist es in Deutschland mit Baustellen, Staus und Unfällen?
Baustellen? Müssen sein, ganz klar. Nur gibt es zum Beispiel in anderen Ländern wesentlich mehr Nachtbaustellen. Da ist man also flexibler. In der Hinsicht ist Deutschland ein Entwicklungsland. Das liegt sicher auch daran, dass Autobahnen im Ausland oft privat betrieben werden. Einen Grünstreifen zu mähen oder kleinere Fahrbahnausbesserungen könnte man aber auch hierzulande in den Nachtstunden durchführen.
Deutschland ist ein Transitland. Von daher sind Staus vorprogrammiert. Ausserdem wurde der Ausbau bestehender Strecken in den letzten zwanzig Jahren arg vernachlässigt. Es macht sich für Verkehrspolitiker halt besser, eine Neubaustrecke zu eröffnen.
Was machst du während der Fahrt um dich abzulenken? Hörst du Musik?
Auch, aber nicht nur. Hörspiele oder Hörbücher laufen oft über CD. Auch Sender wie Bayern2 oder den Deutschlandfunk höre ich oft. Normales Einheitsradio ala “die besten Hits” tue ich mir dagegen kaum an.
Wenn man einen LKW fährt, wie ändert sich die Fahrweise?
Gute Frage. Ich bin ein eher defensiver Fahrer. Ob das mit meinem Job zusammen hängt, weiß ich nicht. Vielleicht fahre ich auch vorausschauender als andere. Genau kann ich das aber nicht beantworten.
Könnte jeder einen LKW fahren oder braucht das viel Übung?
Vielleicht wäre es für viele Autofahrer hilfreich, mal in einem Lkw mitzufahren. Allein schon, um diese Perspektive kennen zu lernen. Aber zur eigentlichen Frage: Ich hatte nie Probleme, einen Lkw zu fahren. An die größeren Abmessungen gewöhnt man sich schnell.
Aber das ist wohl von Mensch zu Mensch unterschiedlich.
Was macht dir Spaß an deinem Job?
Am Anfang dieses Interviews habe ich die negativen Seiten meines Jobs aufgezählt. Natürlich gibt es auch positive: In Deutschland, aber auch in Italien gibt es wunderbare Landschaften. So entdecke ich zum Beispiel bei einer Fahrt durch die Abruzzen immer wieder Neues, Schönes, Interessantes. Auch lerne ich immer wieder neue Menschen kennen. Gespräche ergeben sich zwangsläufig. Ein Einblick in deren Leben ist oftmals faszinierend. Es sind normale Menschen, nicht abgehoben, die mit beiden Beinen fest im Leben stehen.
Aber es gibt natürlich auch andere schöne Momente. So hatte ich zum Beispiel mal eine Abladestelle in einem Zielort der “Tour de France”. Das lässt man sich natürlich nicht entgehen. Anschließend parkte ich an einem Bergsee mitten in den französischen Alpen, wunderschön gelegen.
Oder auch Touren nach Sizilien oder Sardinien sind immer wieder toll. Da buchte ich einen Mietwagen und erkundete übers Wochenende die Insel. Letzten Sommer war ich in Schweden und Spanien.Traumhafte Landschaften. Das entschädigt für vieles.
Bilder: Titelbild: Clker; Sonneuntergang: Uwe Schlick / pixelio.de; LKW: Andreas Hermsdorf / pixelio.de; Autobahn: Andreas Hermsdorf / pixelio.de