Wie kann ich Stress verringern

Mario über Stress und wie wir ihn verringern können

Viel Stress zu haben wünscht sich niemand. Neben der Tatsache dass man sich dann in einer unbequemen Situation befindet, bringt Stress eine Menge körperliche Symptome mit sich. Das fängt damit an dass gestresste Menschen nachweislich dicker werden und hört mit Erkrankungen wie Burnout oder Depressionen auf, die ihrerseits zu einer geringeren Lebenserwartung führen. Leider haben aber ziemlich viele Leute ziemlich viel Stress. So hat das Bundesministerium herausgefunden, dass es  2001 33,6 Millionen Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen gab, während es 2010 53,5 Millionen waren. Mein heutiger Interviewpartner Mario Herold kennt sich gut mit Stress aus. Er beschäftigt sich beruflich mit dem Stress an sich und mit Stressprävention. Auf seinem Stress-Blog schreibt er über die Themen Stress, Burnout und Depression und auf seiner Seite Lebe-Endlich geht es darum, wieder vom Stress loszukommen. Im Interview erklärt er uns mehr darüber und hilft vielleicht dem einen oder anderen von euch, seinen Stress-Level zu senken.

 

 

 

In welchen Lebensbereichen lauert die Gefahr von zu viel Stress?

Es gibt keinen Lebensbereich der davon ausgenommen wäre. Den größten Stress haben wir am Arbeitsplatz, in unseren Beziehungen mit Partner, Eltern, Kindern aber auch im ganz normalen Alltag, wenn wir das Thema Geld, Zwänge oder Süchte nehmen.



Welche Berufe sind am meisten von Stress betroffen?

Ich nehme an das sind alle Berufsgruppen, die mit hohem (Zeit)druck, Reizüberflutung oder hoher Arbeitsbelastung einhergehen. Also Manager, Ärzte, Vertriebsangestellte, LKW-Fahrer aber auch doppelt belastete Hausfrauen und so weiter. Das kann man jedoch nicht mit konkreten Zahlen belegen, weil derartige aussagekräftige Statistiken fehlen. Dies hat vornehmlich zwei Gründe: zum einen wollen die Menschen sich nicht als Stressopfer „outen“ (weil es als Schwäche angesehen werden könnte) und nehmen deshalb erst gar keine Hilfe in Anspruch, zum anderen ist Stress im Sinne des Gesundheitswesens erst einmal noch keine Krankheit und es werden deshalb auch keine offiziellen Statistiken geführt. Im ICD-10 (international classification of deseases) findet man nur Depression und Burnout sozusagen die Folge von unbehandeltem Stress.

 

Wie Stress bekämpfen

 

Was sind die Ursachen von Stress?

Ganz viele. Das können sowohl äußere (körperliche) Reize sein wie Hitze, Kälte, Lärm, Hunger, Krankheit, Schmerzen, Schlafmangel, Alkohol, Nikotin, Koffein usw. als auch innere Wahrnehmungen in Form mentaler oder emotionaler Faktoren sein. Zu den mentalen „Stressoren“, so nennt man die Auslöser, gehören Reizüberflutung, Zeitdruck, Überforderung, Unterforderung, Konkurrenzdruck, Armut, auftretende Probleme, Fehler ; zu den emotionalen „Stressoren“ gehören Streit, Kritik, Orientierungslosigkeit, mangelnder Selbstwert, Einsamkeit, Trennung, persönliche Defizite und Mangelgefühle. Stressverursacher können Ereignisse, Situationen oder Personen sein. Ob aber Stress in einer bestimmten Situation ausgelöst wird, ist von Mensch zu Mensch verschieden, und erfolgt über eine individuelle Bewertung im Hinblick auf genau EINE Frage: Kann ich mit den mir zur Verfügung stehende Ressourcen diesen Stressor bewältigen ? Ja oder nein. Bei einem Nein schalten unsere Körpersysteme auf „Stress“ um.

 

Was kann passieren, wenn man sich zu viel Stress zumutet?

Am Ende der Spirale steht der Tod. Davor sind jedoch ganz viele Stadien beginnend mit Lustlosigkeit, Niedergeschlagenheit, totale Erschöpfungszustände, extreme Schlafprobleme und Krankheiten aller Art, bis hin zu totalem Verlust der Fähigkeit zur Lebensbewältigung. Dann hat man einen Burnout oder findet sich in einer Depression wieder.

 

Wie kann man ohne großen Zeitaufwand seinen Stress loswerden?

Eine höchst komplexe und individuelle Frage. In den letzten Jahren hat man versucht dies über Entspannungstechniken wie Autogenes-Training, Meditation und PMR  (Progressive Muskelentspannung) zu lösen. Aktuell tendiert man mehr zu Techniken der Achtsamkeitsbasierten Stressreduktion wie MBSR, weil erkannt wurde, dass dieses Stress-Phänomen verschiedene Auslöser haben kann. Aus meiner Sicht ist es ganz wichtig zu verstehen, WAS GENAU meine Stressoren sind, die meine Stress-Systeme triggern und dafür entsprechende Wege geht. Wenn beispielsweise wirklich eine Arbeitsüberlastung oder Reizüberflutung vorliegt, dann kann man mit Entspannungstechniken sehr wohl zu guten Ergebnissen kommen. Sind die Stressoren jedoch eher mentaler beziehungsweise emotionaler Natur wie zum Beispiel Existenzängste oder mangelnder Selbstwert, dann benötigen wir andere Werkzeuge, die uns Zugang zu kreativen Lösungen verschaffen.

Ich arbeite hier mit einem eigenem Modell, das ich BOSM nenne (bewusstseinsorientiertes Stressmanagement), da wir durch Veränderung unseres Bewertungsmechanismus in die Lage versetzt werden, dass Stress erst gar nicht entsteht.  Ich empfehle sich mehr mit sich und dem Thema auseinander zu setzen, sich zu informieren und auch entsprechende Angebote in Form von Vorträgen, Workshops und Coachings zu nutzen. Die Lösungen sind oft einfacher als wir glauben, aber wir müssen sie auch praktizieren. Ein Beispiel hierzu: Grundsätzlich ist es so dass wir ein gekoppeltes Körper-Geist-System haben. Das können wir uns zunutze machen, wenn wir uns bewegen (zum Beispiel Sport treiben oder Spazieren gehen). Dies sorgt ohne weiteres dafür, dass wir „da oben“ ebenfalls ruhiger werden und wir wieder einen klaren Kopf bekommen. Die Körpersysteme kommen wieder in Balance. Es ist einfach, man muss es aber tun.

 

Stress verhindern

 

Kann man es verhindern, überhaupt erst unter großem Stress zu stehen?

Ja kann man. Im sprichwörtlichen kennen wir das „das Fass zum Überlaufen bringen“. Genauso ist es hier auch. Wenn wir bereits mit Stress beaufschlagt sind und uns deshalb schon an der Grenze der Regelsysteme des Körpers befinden, reichen geringste zusätzliche Negativerfahrungen, um das System zum Kippen zu bringen. Ziel sollte also sein, lieber in wenigen „größeren“ Anstrengungen dafür zu sorgen dass wir völlig ausgeglichen und gesund sind, als immer nur dann erst einzuschreiten, wenn nichts mehr geht. Ein weiterer Punkt ist, dass wir unsere Lebensthemen (Ängste, Zwänge, Unmut, Wut, Beziehungsprobleme etc.) dann lösen, wenn sich diese zeigen und nicht aufschieben, weil es gerade kein günstiger Zeitpunkt ist sich damit auseinander zu setzen. Die Themen werden uns dann wieder zu einem späteren Zeitpunkt „vorgelegt“, dann aber heftiger in seiner Wirkung und dann passt es natürlich auch nicht.

 

Inwiefern kann man den Feierabend und seinen Urlaub zur Stressprävention nutzen?

Ich sage mal so. Alle Aktivitäten, die wir außerhalb des Erfahrungsraums wo uns Stress begegnet machen, sind ein Ausgleich und sehr wichtig. Beispielsweise wenn unser Job einer der Hauptverursacher ist, dann sind Aktivitäten in der Freizeit super wichtig. Aber obwohl alles rund um den Job sicherlich ein großer Stressor ist, dürfen wir nicht den Teil vergessen, der uns mentalen und emotionalen Stress bereitet (wie zum Beispiel nicht verarbeitete Beziehungsthemen). Hier ist es ziemlich egal wie sehr ich versuche mich durch Freizeitaktivitäten am Feierabend oder im Urlaub „abzulenken“. Diesen Stressor wirst du erst dann los, wenn du dich mit deinem Thema auseinandersetzt und löst. Gerade der ersehnte Urlaub wird in Sachen Stress überstrapaziert. Ja er wird dir einen Ausgleich bringen, aber nur dann wenn du nach deinem Urlaub etwas veränderst. Wenn sich Situationen nicht verändern, dann nur deshalb weil du selbst zu wenig Bereitschaft zur Veränderung hast.

 

Wie kann selbst erkennen, ob man selbst zu sehr unter Stress steht?

Wenn du gute Freunde hast, sagen Sie dir vielleicht „Sei doch nicht gleich so gereizt“, oder „Mann bist du schlecht drauf heute“. Ich will damit sagen, dass wir einen zu hohen Stress-Level daran erkennen können, wenn wir nur noch gehetzt durch die Gegend rennen, um alles noch rechtzeitig hinzubekommen, dass wir deutlich mehr Fehler machen, keiner so richtig mit uns beziehungsweise unserer Arbeit zufrieden zu sein scheint, dass wir körperliche Probleme haben, wie Magenschmerzen, Herzrasen und Rückenbeschwerden, nur noch ganz schlecht ein- oder durchschlafen, dass wir oft am Ende unserer Kräfte sind, deutlich mehr Nikotin, Alkohol, Kaffee oder Drogen konsumieren, wir uns einsam und verlassen vorkommen und wir das Gefühl haben, dass wir keine Unterstützung bekommen. Wir ziehen uns dann auch oft zurück, kapseln uns ab und arbeiten, entgegen der Logik, noch mehr an den Dingen, die gerade sowieso nicht funktionieren. Eine umfassende Liste von Stress-Symptomen findest du in meinem Anti-Stress-Guide beziehungsweise du kannst deinen aktuellen Stress-Level auch über Online Stresstests ermitteln.

 

Was kann man tun wenn es bereits zu spät ist und man unter Burnout oder einer Depression leidet?

Im Gegensatz zu Stress, steht bei Burnout und Depression bereits die Ampel auf Rot. Wir haben schon extreme Einbußen der Lebensqualität und haben nur noch geringen Handlungsspielraum, uns selbst aus dieser Lage zu befreien. Ich sage nicht dass es unmöglich wäre, aber es ist definitiv hilfreich professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, weil der eigene Handlungsbereich deutlich eingeschränkt ist. Das bedeutet, wir wissen dann nicht einmal mehr was wir tun könnten, sind leer, gefrustet, antriebslos und haben nicht mehr die notwendige Energie Dinge umzusetzen, selbst wenn wir wüssten, was jetzt zu tun wäre. Dennoch warne ich hier vorschnell alles zu akzeptieren, was uns Ärzte und Therapeuten zum Lösen des Problems anbieten. Das Verschreiben von Psychopharmaka sind aus meiner Sicht nur hilflose Versuche, das eigentliche Problem wegzudrücken. Auf der anderen Seite ist es de facto völlig ausgeschlossen, dass jemand anders als wir selbst unsere eigenen Probleme löst. Da helfen nur ganz behutsam kleine Schritte raus aus der Stressspirale. Ohne entmutigen zu wollen, der Volksmund sagt es schon „so lange wie es gedauert hat, bis es da war, wird es dauern bis es wieder weg ist“. Gerade aus diesen Gründen ist es so extrem wichtig heute etwas für die Auflösung von Stress zu tun, solange es noch kein Burnout oder eine Depression ist.

 

Wie entspannen bei Stress

 

Wie erkennt man das Burnout Syndrom und eine Depression?

Eine ganz klare Unterscheidung gibt es nicht. Wo hört Burnout auf und wo fängt Depression an ? Laut der allgemeinen Auffassung im Gesundheitswesen ist Burnout (noch) keine Krankheit, sondern ein Zustand ausgesprochener emotionaler Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit. Burnout wird laut ICD-10 als ein Problem der Lebensbewältigung geführt, während es in anderen Klassifikationen (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) bereits als eine Form von Depression aufgefasst wird. Dem Betroffenen ist das mit hoher Wahrscheinlichkeit egal. In beiden Fällen erfährt er das Leben in einer Form von Sinnlosigkeit, Gleichgültigkeit, Misserfolgen, Antriebsschwäche mit hohem Potential zur Aggressivität, Sucht- und Suizidgefährdung. Es gibt eine wunderbare Auflistung der 12 Phasen des Burnout-Syndroms von Herbert Freudenberger auf meinem Blog und überall im Internet.


 

Welchen Rat kannst du uns mit auf den Weg geben?

Super Frage. Ich kann nur aus meinen Coachings sagen, dass sich drei Phasen bewährt haben. „Bewusstwerdung“, „Empowering“ und „Handeln“. Die Phase „Bewusstwerdung“ ist dabei extrem wichtig, da sie alles andere erst ermöglicht. Was heißt das? Es bedeutet sich absolut klar darüber zu sein, wo man gerade steht und welche Optionen man hat. In Bezug auf das Thema Stress bedeutet das, WAS GENAU macht mir alles Stress? Was sind die drei größten Stresstreiber ? Wie sehr setzt mir das in meinem Leben zu ? Was verursacht diese Situationen ? etc.  In der zweiten Phase „Was KÖNNTE ich alles tun“ und “Was brauche ich, um das Thema anzugehen und dieses aufzulösen” und in der dritten Phase „Was WERDE ich alles tun“ (Schritt für Schritt Handlungsabsichten). In jedem Falle bedeutet es sich mit dem Thema Stress LIEBEVOLL auseinanderzusetzen und nicht einfach weg zu schauen. Es verschwindet NICHT von alleine.

 

 

Bilder: Titelbild: Clker; mann mit Sanduhr: bschpic  / pixelio.de; Kalender: Andreas Hermsdorf  / pixelio.de; Reisende mit Gepäck: Rainer Sturm  / pixelio.de

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