Zwischen 15.000 und 20.000 Petitionen gehen beim Bundestag pro Jahr ein, die Anzahl hat sich dabei in den letzten Jahren ganz konstant gehalten. Überraschend dabei ist dass nur etwa 36 Prozent der Petitionen trotz der Einfachheit digital durchgeführt wurden, 64 Prozent vertrauen immer noch auf die reale Unterschrift auf dem Zettel. Meine heutige Interviewpartnerin Petra beschäftigt sich auf ihrem Blog unter anderem mit Petitionen und erklärt uns mehr zu diesem Thema.
Kannst du kurz erklären wie eine Petition abläuft?
Bei einer Petition, werden in einem bestimmten Zeitraum Unterschriften (Stimmen) zu einem Anliegen gesammelt (beispielsweise dass die Regierung die Entscheidung trifft, von G8 wieder zu G9 zurückzukehren).
Finden die meisten Petitionen heute online, per Telefon oder persönlich statt?
Die meisten Petitionen laufen heutzutage online ab, auf diese Weise werden mehr Menschen erreicht und man muss nicht erst umständlich Listen erstellen die in den Gemeinden ausgelegt werden
Wie viele Leute muss man für eine Petition gewinnen, um etwas bewirken zu können?
Das ist je Petition unterschiedlich. Das kommt auch darauf an, an wen diese gerichtet ist. Bei der Bundesregierung werden 50.000 Stimmen verlangt. Beispielsweise bei Gemeinden oder Ämtern ist auch eine geringe Beteiligung mit Erfolg gekrönt (Ja, es gibt auch Petitionen die nicht nur an die Bundesregierung gerichtet sind). Trotzdem gilt je mehr desto besser. Nach meiner Meinung sind mindestens 10.000 Stimmen notwendig um wirklich was bewirken zu können.
Was passiert als nächstes wenn man genug Leute gewonnen hat?
Allgemein wird die Unterschriftenliste dann an die jeweiligen Stelle gesandt werden (Gemeinde/Amt/Unternehmen etc.) für die diese Petition bestimmt war, beziehungsweise eine Entscheidung erwartet wird. Gilt die Petition der Bundesregierung wird die Unterschriftenliste dann dem Petitionsausschuss des Bundestages zugesandt. Dieser überprüft dann ob es sich bei dem Anliegen tatsächlich um eine Petition handelt und leitet sie dann an den zuständigen Fachmann des Ausschusses weiter. Dieser bildet sich eine Meinung darüber (also sieht Akten ein, befragt Ministerien und Behörden zu der Angelegenheit, überprüft auch ob es schon so eine ähnlich Petition gab oder ob sogar schon eine Lösung vorliegt). Sind die Arbeiten dazu erledigt empfiehlt der Ausschuss dann dem Bundestag was er mit der Petition machen soll. Leider wird bei der Hälfte aller Petitionen diesem geraten, diese abzulehnen. Diese Petitionen tauchen dann nur noch als Nummern in der Tagesordnung des Bundestage auf und werden ohne Debatte abgelehnt. Die angenommen werden dann zu den zuständigen Institutionen weitergeleitet (meist Bundesregierung). Aber auch hier gibt es wieder Stufen: Überweisung als Material, … als Erwägung oder … zur Berücksichtigung. Letztere ist erfolgreicher da die Bundesregierung dann erklären muss, warum sie diese ablehnt. Es ist als gar nicht so einfach eine Petition letztendlich durchzusetzen, denn man ist schon einmal auf die Gunst des Ausschusses angewiesen. Leider gibt es keine Pflicht gegenüber der Regierung diese Petition letztendlich umzusetzen (daher eben je mehr Stimmen umso besser).
Welche Petitionen waren in der Vergangenheit erfolgreich?
Auf jeden Fall erfolgreich der „Stopp der Gema-Tarife“ – Die Gema wollte 2013 neue Tarife einführen, das hätte für viele Diskotheken, Tanzveranstaltungen und sogar Vereinsfesten das Aus bedeutet. Für das Abspielen von Musik wären die Gebühren bis zu 700% gestiegen. Die Petition von Matthias Rauh hatte mehr als 300.000 Unterschriften gesammelt und nachdem sie dem Justizministerium übergeben wurde, verkündete zwei Wochen später die GEMA den Stopp der neuen Tarife.
Teilerfolge gab es bei der Hebammenpetition. Die Bundesregierung nahm das Anliegen in ihren Koalitionsvertrag auf. Es wurde versprochen sich der Thematik anzunehmen. Leider geschieht in dieser Hinsicht von dem zuständigen Minister noch nicht viel. Die Problematik wird heruntergespielt.
Was genau bedeutet es für einen selbst wenn man eine Petition unterschreibt?
Die Beweggründe sind für jeden unterschiedlich. Aus meiner Sicht kann ich dadurch beitragen, das die Regierung manche geplante Entscheidungen nochmals überdenken. Wie aktuell jetzt TTIP. Nicht alle in der Vergangenheit getroffenen Entscheidungen waren auch im Sinne des Volkes, wie sie es eigentlich hätten sein sollen. Durch meine Unterschrift sehen sie das uns Politik nicht egal ist und wir in Entscheidungen mehr eingebunden werden wollen und nicht nur den Gang alle vier Jahre zur Wahlurne wollen um zu bestimmen wer uns regieren darf.
Ist das damit getan oder wird man da noch andernwertig involviert?
Für die meisten ist es mit der Abgabe der Unterschrift bei einer Petition getan, wer sich über den weiteren Verlauf informieren möchte, der kann meist einen Newsletter dazu abonnieren. Darüber hinaus kann man sich selbst engagieren um die Petiton zu unterstützten. Neben der Unterschrift, gibt es die Möglichkeit für jeden die Petition zu teilen (soziale Netzwerke), eigene Aktionen dazu zu starten, sich an Demos beteiligen, Spenden etc. (das ist aber jedem selbst überlassen). Ich habe beispielsweise bei der Hebammenpetition einen Blogbeitrag verfasst, diesen mehrmals in den sozialen Netzwerken geteilt und auch bei allen meinen Bekannten darum gebeten ihre Unterschrift zur Petition zu leisten.
Wo kann man Petitionen finden die man dann unterstützen kann?
Bei speziellen Plattformen wie campact, avaaz, openPetition, change, mehr-demokratie oder auf der Seite der Bundesregierung selbst. Um sich über die neuesten besser informieren zu können ist das Abo eines Newsletter sehr hilfreich.
Wie kann man selbst eine starten?
Ist jemand mit einer bevorstehenden oder bereits getroffenen Entscheidung durch die Bundesregierung nicht einverstanden, kann von jedem Menschen eine Petition ins Leben gerufen werden. Dazu entweder einen formlosen Brief mit dem Anliegen an den Petitionsausschuss des Bundes- oder Landtages schreiben oder über eine der im letzten Punkt erwähnten Plattformen. Vorausgesetzt sie ist klar formuliert, erklärt was der Sinn dieser Petition sein soll und darf nicht gegen Personen gerichtet sein oder etwa zu Straftaten aufrufen.
Was glaubst du können Petitionen alles bewirken?
Durch die Mitwirkung bei einer Petition können wir zeigen dass wir, das Volk, bei Entscheidungen mehr mit einbezogen werden wollen.
- Sich wieder mehr Menschen für Politik interessieren und sich über die aktuellen Geschehnisse dort besser eine eigene Meinung bilden können.
- Über die Petitionen erfahren die Bürger schneller was die Regierung wieder mal Neues fürs Volk plant und was eine Entscheidung der Regierung (im Sinne des Volkes) letztendlich für positive und negative Seiten für uns hat.
Über viele wichtige und weitreichende Entscheidungen für uns werden wir im Dunklen gelassen, beziehungsweise werden im Geheimen getroffen. Die Begründung warum sind sehr fadenscheinig: Beispielsweise das die Verhandlungen dadurch schneller getroffen werden können und man das Volk damit nicht unnötig belasten will. Siehe aktuell TTIP- das Freihandelsabkommen mit der USA. Die Regierung hebt oft nur die positiven Aspekte fürs Volk hervor, über die negativen wird man bewusst im Unklaren gelassen oder sie werden einfach heruntergespielt.
Bilder: Titelbild: Clker: Unterschrift: GG-Berlin / pixelio.de; Deutsche Flaggen: einfachgefragt.com