Die Chilischote ist eine beliebte Zutat in vielen Küchen. Wenn man scharfes Essen mag, führt kein Weg an ihr vorbei. Die Schärfe nutzt die Chili übrigens zur gezielten Verbreitung. Vögel, die die Samen über große Strecken transportieren, spüren die Schärfe nicht, während andere Tiere die Chili aufgrund ihrer Schärfe nicht wegessen können. Mein heutiger Interviewpartner Thomas kennt sich gut mit Chili aus, da er seine eigenen züchtet. Seine Erfahrungen darüber und mehr über scharfes Essen schreibt er in seinem Blog nieder. Im Interview erfahren wir mehr.
Wie bist du auf die Idee gekommen, Chili zu züchten?
Bereits in jungen Jahren faszinierte mich die Leidenschaft für scharfes Essen. Der Vater meines besten Freundes aß regelmäßig scharf, zum Beispiel Spaghetti Aglio e Olio, bei denen er immer getrocknete Piri-Piri hinein rieb. Das gefiel mir damals schon immer sehr gut und im Laufe der Jahre hat sich daraus die große Leidenschaft für alles scharfe entwickelt. Als ich dann bei einem arbeitsbedingten Umzug eine Wohnung mit Garten gefunden hatte, stand der eigenen Chilizucht nichts mehr im Wege.
Ist Deutschland vom Klima her gut dafür geeignet?
Das deutsche Klima ist natürlich nur bedingt geeignet, vorteilhaft ist ein Gewächshaus in unseren Breiten allemal. Hat man sowas nicht, muss man natürlich unbedingt auf Frost achten. Den vertragen die Pflanzen nämlich überhaupt nicht, deshalb am besten erst nach den Eisheiligen Mitte Mai ins Freie stellen. Dann hofft man natürlich auch auf einen langen Sommer, da einige Sorten auch durchaus 3-4 Monate zur Fruchtreife benötigen. Es muss nicht allzu heiß sein, angenehme 25°C reichen durchaus. Sonne dürfen sie aber soviel wie möglich abbekommen. Einjährig sind die Pflanzen übrigens auch nicht, man kann sie durchaus mehrere Jahre halten. Müssen dann eben im Keller überwintert werden.
Welche Arten züchtest du alles?
An Arten habe ich eigentlich die 5 gängigen. Wobei ich eher davon ausgehe, dass Sorten gemeint sind.
- Familie: Nachtschattengewächse
- Gattung: Capsicum
- Art: zum Beispiel Baccatum, Annuum
- Sorte: zum Beispiel Habanero, Aji Orange.
Die 5 großen, domestizierten Arten sind Capsicum Chinense, Capsicum Annuum, Capsicum Frutescens, Capsicum Baccatum und Capsicum Pubescens. Dazu gesellen sich noch viele, viele wilde Arten wie Rhomboidium, Eximium usw. Die Art Chinense bringt hierbei meist die schärfsten Früchte hervor. Zu dieser Art gehört zum Beispiel die Habanero oder die Bhut Jolokia, sowie der Guiness-Rekordhalter Butch T Trinidad Scorpion. Zu den Annuums gehören Sorten wie Thai Chili, Jalapeño oder Cayenne. Baccatum umfasst viele südamerikanische Sorten wie Aji Amarillo, Lemon Drop, Dedo de Moca oder Aji Orange.
Zur Art Frutescens gehört die Tabasco, aus der die berühmte, gleichnamige Soße hergestellt wird. Eine Besonderheit stellt die Art Pubescens dar. Sie stammt aus den Anden, verträgt auch mal etwas kühlere Temperaturen und hat als einzige Art schwarze Samen. Der Name bedeutet “behaart”, was man an der Pflanze auch durchaus beobachten kann. Jedes Jahr ändere ich meine Sortenauswahl, aus allen Arten ein bisschen was. Da es locker über 3000 Sorten gibt, ist die Auswahl natürlich riesig.
Wie erfolgreich bist du bisher damit?
Der Erfolg schwankt natürlich von Jahr zu Jahr, das Wetter macht hier natürlich viel aus. Mein bisher bestes Jahr war 2009, da hatte ich von 25 Pflanzen mehr als 20 Kilo geerntet. Mittlerweile habe ich um die 40 Pflanzen und ernte jedes Jahr rund 20-25 Kilo, wenn es gut läuft.
Welche Tipps kannst du geben, damit eine Chili-Zucht gelingt?
Da Arten wie Chinense und Pubescens anfangs eher langsam wachsen, empfehle ich eine zeitige Aussaat. Ende Januar ist bei mir alles ausgesät. Die Samen werden erstmal für 24 Stunden eingeweicht, damit die Keimung startet und die Samenhülle weich wird. Hierzu verwende ich eine Salpeterlösung, die auch Schwerkeimern wie Chiltepin oder Wildsorten auf die Sprünge hilft. Es geht aber auch normales Wasser. Danach kommen die Samen in Mini-Gewächshäuser mit Heizmatte drunter, da eine Temperatur um die 25°C der Keimung sehr zuträglich ist. Sobald sich die Pflanzen aus der Erde bohren, werden sie wieder etwas kälter gestellt und bekommen circa 12 Stunden lang Kunstlicht aus Leuchtstoffröhren mit der Lichtfarbe 840 oder 865.
Angezogen wird in Anzuchterde, danach in gute Bioerde umgetopft. Es empfiehlt sich, wegen der Artverwandtschaft, Tomatendünger und Tomatenerde zu verwenden. Wenn die Pflanzen dann in ihre Endtöpfe umziehen, kommen sie in eine Mischung aus TKS2 (Torfkultursubstrat), Pflanzerde und Quarzsand. Regelmäig mit einem kalibetonten (zur Blütenbildung) Tomatendünger düngen.
Schmeckt man einen Unterschied zwischen selbst gezüchteten Chilis und solchen aus dem Supermarkt?
Schwer zu beantworten. Jede Sorte schmeckt anders, im Supermarkt finden sich meist nur Standards wie Dutch Red oder Peperonis. Die unglaubliche Geschmacksvielfalt macht somit einen großen Unterschied aus.
Zu welchen Gerichten passt der scharfe Geschmack gut?
Eigentlich fast überall. Vielleicht nicht unbedingt zum Schweinsbraten. Aber ansonsten ist es ziemlich egal, ob süß, sauer, salzig, Fleisch oder Gemüse. Chili ist ja auch ein Geschmacksverstärker, da das Capsaicin auch die Durchblutung anregt und somit auch die Zunge und ihre Geschmacksknospen angeregt werden. Es darf dann aber natürlich nicht zuviel sein.
Kann man auch ungewöhnliche Dinge wie Parfüm oder Creme aus Chilis machen? Mit Rosen macht man das ja auch.
Da Chilis, die übrigens botanisch gesehen Beeren sind, zu den gesündesten Früchten überhaupt gehören, gibt es natürlich auch eine breite Palette an Anwendungsmöglichkeiten. Es gibt Nasensprays mit Capsaicin, in Wärmepflastern findet es Verwendung, der Farbstoff Capsanthin wird in der Lebensmittelindustrie und auch bei Lippenstiffen verwendet. Es gibt Rheumasalben, Migränemittel, Gürtelrosensalben und auch die bekannten Fisherman’s Friend Bonbons enthalten Capsaicin.
Aber auch die Früchte selbst sind vielseitig einsetzbar. Als Pulver, getrocknet, pur mit Käse gefüllt, kandiert, als Chilisoße, eingelegt in Essig oder Öl, der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt. Chilis enthalten viel Vitamin A, B und circa 3 mal soviel Vitamin C wie Zitrusfrüchte. Außerdem enthalten sie als einzige Gemüseart beachtlich viel Vitamin P (Rutin), das Blutgefäße stabilisieren soll. Die Chilischärfe sitzt übrigens, entgegen der allgemeinen Meinung, nicht in den Kernen, sondern in der weißlichen Plazentahaut, an der die Kerne hängen.

Was ist dein scharfes Lieblingsgericht?
Zum Beispiel Rocoto Rellenos, quasi gefüllte Paprika. Aber auch Jalapeño Poppers sind unschlagbar (gefüllt mit Käse und mit Speck umwickelt gegrillt).
Schmecken alle Chilis einfach nur nach scharf oder hat jede Sorte ihren eigenen Geschmack?
Jede Sorte schmeckt natürlich anders. Hier ist auch die Art sehr entscheidend. Die Art Chinense schmeckt tropisch fruchtig, fast schon seifig und hat ein ganz besonderes Aroma. Die Art Annuum, zu der auch unsere Gemüsepaprika zählt, schmeckt allgemein eher in Richtung selbiger. Die Baccatums sind sehr frisch und gehen schon eher ins zitronige, säuerliche.
Ganz besonders sind hier die Pubescens zu erwähnen. Allgemein auch als Baumchili oder Rocoto bekannt, nehmen sie eine ganz eigene Stellung ein. Hier ist die Capsaicinzusammensetzung völlig anders, weshalb sie manche Menschen gar nicht essen können, weil sie ihnen zu scharf sind, andere wiederum spüren fast nichts. Sie heben sich auch durch ihre Fruchtform völlig ab. Sie sind extrem saftig und dickwandig, schon fast wie Tomaten. Viele schwören total auf diese Art und ich könnte mich in meine Rocoto-Senf-Sauce auch reinlegen.
Zum Abschluß möchte ich noch anmerken, dass die Gemüsepaprika, so wie wir sie kennen, erst seit circa 60 Jahren existiert. Sie ist auch nur eine Chili, aus der die Schärfe herausgezüchtet wurde. Cayennepfeffer ist auch kein Pfeffer, sonder reines Chilipulver. Christoph Columbus brachte die Chili nach Europa und bezeichnete sie fälschlicherweise als Pfeffer. Wer möchte, der kann auch meinem Blog auch immer wieder neues erfahren.
Bilder: Titelbild: Clker; Aufgereihte Chilli Schoten: Sabine-Susann Singler / pixelio.de; Rocoto Rellenos: Thomas