Das Wetter ist eine Erscheinung, die die Erde nicht alleine für sich hat. Auf dem Mars, dem Jupiter und der Venus gibt es ebenfalls Wettererscheinungen, die allerdings viel extremer sind als auf unserem Heimplaneten und den Wetterberichten von uns Menschen auf kurz oder lang ein Ende bereiten würden. Aber glücklicherweise haben wir unser vergleichsweise friedliches Wetter, das trotzdem immer wieder atemberaubende Phänomene zu Tage führt. Mein heutiger Interviewpartner Tobias weiß darüber gut Bescheid, denn er ist Sturmjäger, der seine Entdeckungen auf seiner Webseite festhält. Im Interview erzählt er uns mehr über die Jagd auf die Unwetter.
Wie bist du zur Sturmjagd gekommen?
Für das Wetter interessiere ich mich schon immer. Als Kind fand ich es doof, wenn wo anders mehr Wetter war als daheim. Zum Beispiel wenn ein Gewitter vorbeigezogen ist.
Sturmjäger Vorbilder gab es ja schon genug. Irgendwann hat man dann mit 18 den Führerschein und die Möglichkeit das auch zu machen. Wenn der Drang danach dann zu groß wird, fährt man selber gezielt Gewitter an. Dabei will man die Naturgewalten mit allen Sinnen spüren! Es gibt nichts besseres wenn eine heftige Gewitterfront vor dir den ganzen Himmel einnimmt. Da Formen die Sturmstrukturen, Blitze und Wind eine Stimmung, die einem am eigenen Körper spüren lässt, das es vor und über dir gerade die enorme Energie freisetzt, die es über Tage von der Sonneneinstrahlung in die Luft eingespeist hat.
Wie findest du heraus, wo ein Unwetter genau entstehen wird?
Über freie Wetterkarten, wie auf Wetterzentrale.de oder Modellzentrale.de schätzt man die Lage ab, ob und wo wahrscheinlich was gehen könnte! Modelle sind nur ein stark vereinfachter Versuch, die Zukunft der atmosphärischen Vorgänge vorherzusehen. Zwar recht zuverlässig, aber keine fehlerfreie Orakel. Deshalb gleiche diese Informationen dann Anhand von Bodendaten, Niederschlagsradar und Sat-Filmchen ab. Weil nur eine “Auslöse” also Gewitterentstehung an der falschen Stelle und schon verballert es die Gewitterluft anders als berechnet. Letztere Informationen helfen mir dann auch den besten “Sturm” zu finden.
Wie läuft die Sturmjagd dann genau ab?
Mein Hauptziel ist es das Gewitter so anzufahren, dass man die besten Formationen und heftigsten Wettererscheinungen zu Gesicht bekommt und dabei das Risiko wie umzustürzende Bäume oder Blitzfluten so klein wie möglich hält. Wie schon beschrieben: Erst Anhand von Karten und wenn es dann losgeht mit Echtzeitdaten und mit Beobachtung des Himmels!
Wie hoch ist deine Erfolgsquote, sprich in wie vielen Fällen kannst du den Sturm wie gewünscht beobachten und in wie vielen wird es nichts?
Die Fälle hab ich schon aufgehört zu zählen, weil ich schon vor vielen tollen Gewittern stand. Ich schätze mal das ich nur so in 30 Prozent der Fälle das zu sehen bekomme, was ich mir wünsche. Aber im Laufe der Jahre lernt man auch schwächere Gewitter zu schätzen. Wo man weiß, da jetzt noch voll drauf zuhalten bringt nichts mehr. Da hockt man sich dann am Besten in das Gras und schaut den Wolken zu ohne groß Bilder zu machen zu.
Ist es gefährlich, in Stürme hineinzufahren oder nehmen sie in Deutschland keine so großen Ausmaße an?
Nur zwei Beispiele aus Deutschland: Am 9.6.2014 ging ein heftiges Unwetter mit übelsten Orkanböen über Düsseldorf hinweg. Es dauerte mehrere Wochen und den Einsatz der Bundeswehr um alle Straßen wieder frei zu bekommen. Dieses Unwetter änderte vor Düsseldorf plötzlich seine Zugrichtung von West auf Nordwest und beschleunigte extrem schnell. Schafft man da nicht schnell freies Gelände oder ein Parkhaus zu finden, oder hängt im Stau fest wird es lebensgefährlich. Weil das Auto wird erst so ab 200 km/h Sturm umgeworfen. Trümmer oder umfallende Bäume richten aber schon bei deutlich weniger Wind schwere Schäden an!
Oder der 28.7.2013, als ein schweres Hagelunwetter unterhalb der Schwäbischen Alb südlich an Stuttgart vorbeizog. Auf der A8 hagelte es den Autos reihenweise die Scheiben raus! Auch Sturmjäger Kollegen haben schon Autoscheiben in Deutschland verloren. Ich habe es bisher zum Glück immer geschafft, mich knapp aus den dicksten Hagel heraus zu halten.
Man nimmt ein Risiko für ein tolle Erlebnis in Kauf!
Welche Aufnahmen die du bis jetzt gemacht hast sind am schönsten anzusehen?
Kann ich nicht sagen. Dazu sind Gewitter zu facettenreich. Seien es Gewitterfronten oder von innen beleuchtete Gewitterzellen, sogenannte “Lampenschirme“.
Was ist der heftigste Sturm, den du je miterlebt hast?
20.6.2013 um Landsberg am Lech. Da gingen gleich drei heftige Unwetter leicht versetzt, hintereinander hoch. Das erste ein Monster das bei Landsberg sieben Zentimeter Hagel brachte und bei Augsburg später einen ganzen Hügel abrasierte! Das nächste blies eine Wallcloud bis zu Boden unter sich auf. Das ist eine Wolkenformationen, wenn es feuchte Niederschlagsluft unter den Aufwind zieht und sich daraus ein Wolkenkörper formt. Der war extrem fotogen, dazu dann viele Blitze und Sturmböen! Aus der nächsten Zelle bei Fürstenfeldbruck, ging dann fünf Zentimeter großer und sehr dichten Hagelschlag auf mich nieder. Stundenlanges Extremwetter und am Schluss eine verbeulte Karre!
Wo in Deutschland gibt es die meisten Stürme?
Herbst- und Winterstürme im Norden und auf den Bergen. Bei Gewitter kommt es auf die Erscheinungen drauf an. Die meisten Gewitter und Hagel gehen über Baden Württemberg, Südbayern und Sachsen nieder. Tornados kommen im Nordwesten und in den neuen Bundesländer am Häufigsten vor.
Was macht dir Spaß an der Sturmjagd?
Das ganze Programm. Von der Vorbereitung der Jagd, das Erlebnis, die Bilder sichten, bearbeiten und später das Material dann in Foren, Facebook und auf der Homepage zeigen. Und natürlich der praktische Nutzen, wenn man Beobachtungen über das Skywarn-Netzwerk an den Deutschen Wetter Dienst und die Unwetterzentrale meldet. Diese können dadurch ihre Warnungen verbessern. Auf bunte Radarbilder kann man nicht sehen ob ein Tornado am Boden ist oder lokale Orkanböen aus einem Gewitter stürmen. Noch schöner: Wenn die daraus gewonnenen Warnungen erst genommen werden!
Bilder: Titelbild: Clker, Bidler im Artikel: Tobias/Wetteraction.de