643,6 Milliarden Euro hat die Bundesrepublik Deutschland im letzten Jahr insgesamt an Steuern eingenommen. Das macht Pro-Kopf-Einnahmen von rund 7600 Euro. Damit befindet sich Deutschland im EU-Vergleich im vorderen Mittelfeld was die Steuereinnahmen angeht, Luxemburg und Dänemark belegen mit 22.000 respektive 20.000 Euro jährlich pro Einwohner klar die vorderen Plätze. Diese riesige Summe Geld wird aber nicht willkürlich eingesammelt, sondern das Einsammeln folgt ganz bestimmten Richtlinien. Und jeder, der schon mal einen Steuergesetzestext gelesen hat, weiß dass die für den Laien nur Kauderwelsch sind. Aus diesem Grund gibt es Steuerberater, die sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen die Arbeit mit den Steuern übernehmen. Wie genau das funktioniert, wie man Steuerberater wird und was sonst noch dahintersteckt, erklären uns heute im Interview die Köpfe hinter der Steuerberatung Woellke (mehr auf ihrer Webseite) in München.
Wie wird man Steuerberater? Gibt es da eine spezielle Ausbildung oder ein Studium?
Steuerberater wird man, indem man das Steuerberaterexamen ablegt und im Anschluss durch die zuständige Steuerberaterkammer zum Steuerberater bestellt wird. Ausnahmen gelten unter bestimmten Umständen für Hochschulprofessoren und Finanzbeamte, die aus Ihrem Dienst ausscheiden. Inzwischen gibt es auch einen Studiengang der auf das Steuerberaterexamen hinführt.
Wie sieht der Arbeitsalltag aus, sprich was macht man den ganzen Tag?
Die Kernbereiche im Arbeitsalltag eines Steuerberaters sind die Beurteilung von steuerlichen Sachverhalten, Erstellung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen sowie Gewinnermittlungen. Zudem ist man mit der Erstellung von Buchhaltungen und Lohnabrechnungen beschäftig. Daneben werden oft Einspruchsverfahren vor der Finanzverwaltung geführt mit umfangreichen Schriftverkehr. Auf den Seiten, welche die Leistungen unserer Münchner Steuerberatung beschreiben, finden Sie eine komplette Auflistung der typischen Tätigkeiten einer Steuerkanzlei.
Was ist der Hauptteil des Berufs? Gesetzestexte oder das Rechnen mit Zahlen?
Die Erstellung von Zahlenwerken ist unmittelbar mit der Kenntnis der Gesetzestexte verbunden. Bei unserer Tätigkeit geht es häufig nicht darum, lediglich einige Zahlen zu addieren. Vielmehr müssen wir die richtigen Zahlen ermitteln, die dann addiert werden. Beispielsweise ist auch schon bei der Erstellung einer einfachen Steuererklärung nicht das Eintragen der Zahlen in das Formular die Aufgabe, sondern die Ermittlung der für den Mandanten steuerlichen relevanten Sachverhalte. Wir empfehlen, mal einen Blick in unsere Wissenssammlung zu Steuerthemen auf woellke.de zu werfen, wo wir als einer der wenigen Steuerberater in München die offiziellen Merkblätter der Behörden von Hand in gut verdaubare Übersichten zusammenfassen.
Welche eurer Aufgabenbereiche sind einfacher und welche aufwändiger?
Die Erstellung von Gewinnermittlungen und Jahresabschlüssen sind meist aufwändiger als die Erstellung von Steuererklärungen ohne Gewinneinkunftsarten. Eine pauschale Antwort ist aber auch hier nicht möglich, da auch auf den ersten Blick einfache Sachverhalte, sobald ein Auslandsbezug besteht, relativ kompliziert sein können.
Wie kompliziert ist das Deutsche Steuersystem verglichen mit anderen Ländern?
Das deutsche Steuersystem gilt im Vergleich zum Steuersystem anderer Länder als kompliziert. Für eine genaue Beurteilung müsste man tieferes Wissen über mehrere Steuersysteme haben. Daher ist ein Vergleich schwierig. Das System der Umsatzsteuer ist in den Ländern der EU sehr ähnlich.
Wer braucht alles einen Steuerberater?
Einen Steuerberater sollte vor allem immer beauftragen, wer Gewinneinkünfte und/oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Ein Steuerberater kann aber auch sehr nützlich sein, wenn umfangreiche Werbungskosten bei einer Arbeitnehmertätigkeit vorliegen und bei verschiedenen weiteren Sachverhalten, die aufgrund des Umfangs an dieser Stelle nicht abschließend aufgezählt werden sollen. Die Frage müsste also lauten, wer seine steuerlichen Pflichten ohne einen Steuerberater erfüllen kann. Zu diesem Personenkreis gehören eigentlich nur Arbeitnehmer ohne größere Werbungskosten und Rentner mit niedriger Rente. Für alle anderen Steuerpflichtigen kommt die Beauftragung eines Steuerberaters in Frage. Wer seine Steuererklärung selber erstellt, muss zudem damit rechnen, dass nicht alle Sachverhalte erfasst sind, welche die Steuer mindern. Man lässt bei der Do-It-Yourself Steuererklärung also oft viel Geld auf dem Tisch liegen.
Ist das Ziel einer Steuerberatung Geld einzusparen, oder dass einem einfach Arbeit abgenommen wird?
Das kommt auf die Art des Mandanten an. Für einen Mandanten, der nur Einkünfte aus einer Arbeitnehmertätigkeit erzielt, steht der Aspekt der Steuerminderung im Vordergrund. Mandanten, die Gewinneinkünfte (zum Beispiel Land- und Forstwirte, Gewerbetreibende, Freiberufler) erzielen, sind in der Regel nicht in der Lage, ihre steuerlichen Pflichten ohne Beauftragung eines Steuerberater nachzukommen. Es geht bei diesen Mandanten nicht nur um das Abnehmen von Arbeit. Der Steuerberater hilft vielmehr dabei, dass der Mandant seinen steuerlichen Pflichten nachkommt.
Was würde passieren wenn sich ein Unternehmen nicht um seine Steuern kümmert oder eine Privatperson keine Steuererklärung abgibt?
Ein Unternehmer, der sich nicht um seine steuerlichen Pflichten kümmert, erhält bei Nichtabgabe der Steuererklärungen zunächst Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen. Werden diese geschätzten Steuern nicht gezahlt, droht ihm die Vollstreckung. Des Weiteren hat die Finanzverwaltung zahlreiche Mittel, den Unternehmer zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten zu bewegen. Die Mittel reichen beispielsweise von der Festsetzung eines Zwangsgeldes bis hin zu drastischen Maßnahmen wie Sicherheitsarrest und Ersatzzwangshaft. In der Praxis werde nicht alle Mittel eingesetzt, da der Einsatz dieser Mittel auch verhältnismäßig sein muss. Für Privatpersonen gelten grundsätzlich dieselben Regelungen. Eine wichtige Ausnahme gilt allerdings für Arbeitnehmer. Dabei regelt § 46 EStG unter welchen Umständen sie keine Einkommensteuererklärung abgeben müssen.
Wie oft ändern sich Regelungen der Steuern?
Regelungen in Steuergesetzen ändern sich immer, wenn der Gesetzgeber ein neues steuerlich relevanten Gesetz erlässt. Das ist inzwischen mehrmals pro Jahr der Fall. Daneben werden auch regelmäßig Durchführungsverordnungen geändert, die zu beachten sind. Für die Beurteilung von steuerlichen Sachverhalten sollten zudem Richtlinien und Erlasse der Finanzverwaltung beachtet werden, sowie Urteile der Finanzgerichte. Wie man sieht, sind sehr viele Sachverhalte nur aus dem Lesen des Gesetzes nicht lösbar. Da jeder einzelne Sachverhalt geprüft werden muss und die Kenntnis der Gesetzessystematik sowie der Urteile, Richtlinie und Erlasse nötig ist, können allgemeine Informationen, die man beispielsweise im Internet recherchiert, nie die Beratung durch einen Steuerberater und die Prüfung des Sachverhalts ersetzen.
Bilder: Titelbild: Clker; Stift und Blatt Papier “Steuern”: I-vista / pixelio.de; Taschenrechner, Bargeld und Gewinnbilanz: Thorben Wengert / pixelio.de; Taschenrechner, Papier und Ordner “Steuern”: Tim Reckmann / pixelio.de